Am morgigen Sonntag (21. Januar 2023) soll eine große Demonstration gegen die kürzlich erneut skandalisierten, aber nicht neuen Deportationspläne der Alternative für Deutschland (AfD) stattfinden. Die Breite der aufrufenden Organisationen ist beeindruckend. Nicht nur seit Jahren engagierte Antifaschist*innen, sondern auch die christlichen Kirchen Göttingens und sogar die CDU Göttingen ruft zur Teilnahme auf. Mit den Worten „Politische Radikalität darf es, egal in welcher Form und aus welcher Richtung, in diesem Land nie wieder geben“ wird die Stadtverbandsvorsitzende im Göttinger Tageblatt zitiert. Dieser Kommentar ist auf vielen Ebenen falsch. Angefangen damit, dass die CDU bundesweit extreme rechte Kampagnenthemen wie die rassistischen Angriffe auf das Asylrecht aufgreift und so in die „Mitte der Gesellschaft“ holt. Doch darum soll es in diesem kurzen Artikel nicht weiter gehen. Stattdessen soll gezeigt werden wie ein Mitglied der Göttinger CDU ganz offensiv und von den Stadtverbandsvorsitzenden unkommentiert für ein Bündnis mit der AfD wirbt. Die Rede ist von dem rechten CDU-Influencer und Mitglied der Werteunion Hans Erik Schumann.
Schumann kommentiert regelmäßig und gern auf seinen diversen Social-Media-Accounts das politische (Stadt-)geschehen. Dort hetzt er regelmäßig gegen Geflüchtete, Linke und Klimaaktivist*innen. Antifaschist*innen sind für ihn die „neuen Nazis“.
Die extrem rechte Aktivistin und ehemalige Göttingerin Anabel Schunke repostet er wohlwollend. Er liest die extrem rechten Blätter „Junge Freiheit“ und „Tichys Einblick“. Robert Andreasch hat in der antifaschistischen Zeitschrift „Der Rechte Rand“ bereits 2018 die Themen von „Tichys Einblick“ zusammengefasst: „Rassistische Hetze gegen Geflüchtete, die Klage über »political correctness« und Internetzensur, das nimmermüde »Merkel muss weg« sowie der Kampf gegen die Feindbilder »Gender«, EU, Cannabis und »Umweltschutz«“. Er hebt außerdem die marktradikale Grundhaltung des Heftes hervor, die sich ebenfalls bei Schumann finden lässt. Demensprechend ist Schumann Anhänger des neugewählten argentinischen Präsidenten Javier Milei, der gerade dabei ist das Land in eine Diktatur umzuwandeln.
Die CDU-Politikerin Angela Merkel hat Schumanns Auffassung nach „dem Sozialismus eine zweite Chance gegeben“ und die Ampelregierung stelle diesen dar. In seiner Argumentation kann alles, was nicht extrem Rechts ist als „sozialistisch“ und damit kriminell abgestempelt werden. Dementsprechend bekämpft er mit großer Vehemenz den liberaleren Flügel der CDU. Seine gewählten Parteifreund*innen sind für ihn „merkeltreue Wahlversager“.
Für Schumann ist die Corona-Pandemie „erfunden“ und auf Instagram lässt er seine Follower*innen darüber abstimmen, ob die VerschwörungsideologInnen des Herbst- und Frühlingserwachens „Rechtsextreme“ seien. Das Ergebnis ist klar.
An diesen kurzen Ausführungen sollte deutlich geworden sein, dass Schumann die gesamte Spannbreite extrem rechter Feindbilder in ihrer rechtslibertären Ausprägung bedient. Vor diesem Hintergrund ist es nur folgerichtig, dass sich Schumann konsequent gegen den Unvereinbarkeitsbeschluss von AfD und CDU ausspricht. Für den kommenden Bundesparteitag hat der Göttinger einen Antrag unter der Überschrift „Demokratie kennt keine Brandmauern“ vorbereitet. Mit dem Antrag soll die gültige Beschlusslage der Partei gestürzt werden. Das Gerede von „keinen Brandmauern“ ist natürlich eine Lüge. Der Politiker spricht sich selbstredend gegen jede Zusammenarbeit mit der Linkspartei aus.
Schumann ist wahrscheinlich noch ein kleines Licht in der Göttinger CDU. Er steht allerdings geradezu beispielhaft für den radikalisierten Konservatismus. Stimmungsmache gegen Geflüchtete und Arbeitslose stehen bei ihm auf der Tagesordnung. Er hetzt genauso gegen geschlechtliche Selbstbestimmung und Queerfeindlichkeit wie die AfD. Nicht nur aufgrund dieser Leute ist die CDU Teil des Problems und nicht Teil der Lösung gegen die AfD.